EINS
Vielleicht ist es schon
Schmerz, vielleicht auch nur Einbildung. Oder der Gedanke daran. Der
Gedanke an den Schmerz, den ich mir wahrscheinlich nur einbilde?
Mit jeder vergehenden
Sekunde scheint die Fläche, an Struktur zu verlieren. Rotierend
verschwimmt das schöne, einheitliche Gesamtbild, als säße ich hier
und würde kleine Steinchen in den Teich werfen, den meine Wand
darzustellen scheint. Doch ich werfe nichts. Habe nichts in meinen
Händen, denn ich sitze nur hier. Ohne Erwartungen, ohne mich selbst
zu beachten. Ich bin mir egal.
Ein Geräusch. Leise
erreicht es meine Ohren, es kommt von außerhalb. Nicht aus diesem
Zimmer. From outer space. Fuck, ja. Ein unbekannter Klang. Scheiße,
ja verdammt! Während der Putz an meiner Wand weiter verläuft und
auf das frisch verlegte Pakett tropft, lausche ich. Ich lausche dem
Geräusch from outer space und dann plötzlich. Peng. Etwas knallt,
Lärm erfüllt das Zimmer. Gelächter glaube ich zu hören. Der Putz
hat sich bereits zu mir vorgearbeitet und meine Füße stehen in der
kalten, körnigen Masse. Ich zittere. Die Wand ist nicht mehr
blickeswert. Ganz andere Sorgen haben gerade den Raum betreten. Nein.
Sie haben ihn infiltriert. Diese Schweine, sie sind da. Mein Blick
gilt den zwei Wesen zu meiner Linken. Wie eine Abhängige klebt sie
augenscheinlich an seinem besten Stück, ihre Handflächen an seinen
Arsch gepresst. Ihr Kopf macht bekannte Bewegungen, die ich in meinem
Leben zum ersten Mal sah, als mein Vater, diese Schwuchtel, noch
berufstätig war. Wie der plötzlich donnernde Knall, erschüttert
mich auch dieser Antrieb, den ich spüren kann. Ich stütze mich mit
meinen Händen ab und erhebe meinen schweren Körper aus dem Sumpf
der Paralyse. Die zwei Wesen ignorieren mich vollkommen. Bin ich etwa
tot? Nach drei unsicheren Schritten auf meinen weichen Beinen, ziehe
ich mein Knie zur Brust, lasse meinen Fuß auf ihren Schädel
herabsausen, lausche dem dumpfen Schlag und bemerke, dass ich noch
lebe, als sie über das Pakett schlittert und mit dem Kopf gegen das
Tischbein meines Schreibtisches schlägt und regeungslos liegen
bleibt. Er macht einen Schritt zurück, starrt mich an und breitet
die Arme aus.
,,Fuck! Du Wichser, du
verfickter Wichser!ˮ
,,Bleib
doch mal stehen, manˮ, sage ich und halte ihn an den Schultern fest.
,,Bleib
doch mal stehen?ˮ
,,Ja,
man. Du wackelst. Hör auf damit.ˮ
,,Alter.
Hast du denn nicht gesehen, dass diese Schlampe mir gerade den
Schwanz gelutscht hat?ˮ
Ich
schaue ihm tief in die Augen und sehe Ratlosigkeit. Große
Verzweiflung.
,,Schlampe?ˮ
,,Ja.
Eine dreckige Schlampe. Aber sie bläst halt gut, manˮ, sagt er und
verpasst mir einen leichten Schubser.
,,Schlampeˮ,
flüstere ich und gehe schnellen Schrittes auf sie zu.
Noch
immer liegt sie am Boden und bewegt sich nicht. Ich packe ihre
Schulter und drehe sie auf den Rücken. Nicht eine Sekunde
verschwende ich damit, nachzudenken und schlage auf ihr Gesicht ein.
Ich bin ein Raubtier, ein hungriger Löwe. Ein unaufhaltbarer von
Kriegsspielen inspirierter Amokläufer. Ich bin der Anders Behring
Breivik der Vereinigten Staaten. Wie aus einem MG abgeschossen,
schlagen meine Fäuste in ihrem Gesicht ein, zerbrechen Nase, Kiefer
und zwingen das Blut aus ihren Lippen über den Boden zu spritzen.
Die letzten Schläge folgen auf das Jochbein. Ich hebe meine Faust
neben mein Ohr und schlage zu. Die andere Hand krallt ihren Hals. Zur
Krönung stoße ich meinen Ellbogen gegen ihre schönen
blutbespritzten Zähne und breche ein paar davon aus dem Zahnfleisch.
Dann lasse ich von ihr ab und taumle wie benommen ein paar Schritte
zurück. Alles dreht sich, die Welt steht Kopf. Das Mädchen auf
meinem Boden. Es bewegt sich immer noch nicht. Plötzlich spüre ich
eine Hand auf meiner Schulter, ich zucke zusammen. Mein Kumpel,
Lemmy, der gerade eben noch das Vergnügen mit ihr hatte, steht
kopfschüttelnd vor mir und lächelt.
,,Man,
Franky. Was bist du nur für ein Spasst? Das ist ja wahnsinnigˮ,
sagt er und beginnt, zu lachen.
,,Lemmy?ˮ
,,Ja,
Franky?ˮ
,,Hab'
ich dich nicht gebeten, damit aufzuhören?ˮ, frage ich und ringe
nach Luft.
,,Mit
was soll ich denn aufhören?ˮ
,,Du
wackelst, man. Du wackelst so sehr.ˮ
,,Alter.
Was hast du für'n krassen Shit genommen, man?ˮ
Wieder
höre ich sein Lachen, das mir schon immer auf die Nerven ging, wenn
ich es hörte. Ich atme drei Mal tief durch. Durch die Nase ein, kurz
halten, dann strömt die Luft durch meinen Mund wieder aus. Ein und
wieder raus mit der Luft. Ein, aus.
,,Liquid
Extasy.ˮ
,,Man.
Du hast Liquid X
im Haus und sagst mir nichts?ˮ,
sagt Lemmy und schaut mich entgeistert an.
,,Ja.
Feinste Gamma – Hydroxybutansäure, man. Willste was?ˮ
,,Geh
mir nicht mit deinem fachmännischen Gelaber auf den Sack und lass'
was rüberwachsen.ˮ
,,Rechts.
Zweite Schublade von untenˮ, sage ich und zeige mit dem Finger
Richtung des Schreibtisches, vor dem das Drecksstück liegt, das ich
zusammengeschlagen habe.
,,Alles
klar, manˮ, sagt Lemmy, klopft auf meine Schulter und geht an mir
vorbei, doch ich halte ihn am Arm fest.
,,Lemmy.
Deine Bitch da drüben, man. Sie steht einfach nicht mehr auf.
Entschuldige bitteˮ, sage ich und lasse ihn wieder los, woraufhin er
seinen Weg zum Schreibtisch fortsetzt.
,,Vielleicht
solltest du dir nicht so viele Trips verpassen, Franky.ˮ
Ich
schaue ihn an, er erwidert meinen Blick. Wir lächeln. Dann lachen
wir. Er holt das Liquid
X aus
der Schublade und mein Weg führt mich auf die Toilette.
Jetzt,
als ich die Zimmertür öffne und raus in die Menschenmasse starre,
blinzel' ich und spüre die absolute Trockenheit auf meinen Augen.
Schmerz, Einbildung oder nur der Gedanke daran? Ich habe mich
entschieden. Es ist einfach nur verdammt unangenehm.
Ich
bahne mir einen Weg durch die Horde von Gästen, die ich in meinem
Flur stehen habe. Jeder hält eine Flasche oder einen Becher in
seinen Händen. Sie lachen, jubeln und führen Unterhaltungen. Zwei
von ihnen scheinen sich zu streiten, die einen oder anderen stehen in
den Ecken des Hauses und schieben sich gegenseitig die Zungen in den
Hals. Ein gewaltiges Stimmenchaos herrscht über alle Anwesenden,
mein Kopf droht, zu platzen, entkomme ich nicht bald aus dieser
misslichen Lage. Ich glaube, ein wenig verwirrt zu sein und packe den
Nächstbesten am Kragen, um ihm eine der mir wichtigsten Fragen zu
stellen.
,,Wo
kommt ihr alle her?ˮ schreie ich und versuche, seine tiefsten
Gedanken durch die Augen zu erblicken.
Was
ich will, ist eine vernünftige Antwort. Was ich kriege, ist ein
entsetztes Gesicht. Ein Gesicht voller Furcht und Schrecken, eines
dieser, die ich sehr gut kenne.
,,Hallo,
aufwachenˮ, sage ich und verpasse dem Typen, dessen Leben in den
Händen seiner Antwort liegt, eine Backpfeife, die ihn sicherlich an
die Party heute nacht erinnern wird, wenn er morgen in der Früh den
Horror des nächsten Morgens begrüßen darf.
Sein
starrer Blick lockert sich, er bewegt hektisch die Augen, als würden
sie durch die Erschütterung meines Schlages hin und her wackeln.
Dann holt er Luft... ,,Gib' mir 'ne Antwort, du Spasstˮ... und ich
unterbreche ihn, während mir der Gedanke kommt, er hätte vielleicht
etwas sagen wollen. Was soll's.
,,Franky,
wir sind deine Gäste. Du hast uns eingeladen, man. Du schmeißt hier
'ne Party.ˮ
,,Verarsch'
mich nicht, Wichser!ˮ
Mein
Griff festigt sich. Ich mache einen Schritt vorwärts und drücke ihn
gegen die Wand, komme mit meinem Gesicht ganz nah an seines.
,,Ich
verarsch' dich nicht. Was ist mit dir los, man?ˮ
,,Das
ist nicht meine Party, ihr verfickten Hosenscheißer seid nicht meine
Gäste!ˮ
,,Franky,
man. Ich erzähl' kein Scheiß. Ehrlich. Vor zwei Tagen hast du
eingeladen. Deshalb sind wir alle hierˮ, erklärt er und lächelt.
,,Und
wer bist du, verdammt?ˮ
,,Ich
bin Mickey. Dein Nachbar, alter.ˮ
Ich
denke kurz nach, lasse alles auf mich wirken. Viele Blicke richten
sich auf mich, scheinbar falle ich auf.
,,Ich
glaube dir, manˮ, sage ich ihm und schlage meine Faust, an der noch
das Schlampenblut klebt, in seine Visage.
Langsam
sinkt er zu Boden. Sein Schädel hat einen deutlichen Hinweis auf
Gewalteinwirkung von außen auf der Wand hinterlassen. Das Rigibs
unter der glatten Vliestapete ist gebrochen, die Tapete ein wenig
eingerissen. Ich steige über seine Beine, die mir im Weg liegen, und
lasse die anderen, die ihm nun helfen wollen, hinter mir.
,,Franky,
du krankes Arschlochˮ, brüllt irgendein zartes Stimmchen.
Wahrscheinlich
eine Frau. Unwichtig.
Nur
noch wenige Schritte ist mein Ziel entfernt. Es pocht an vielen
verschiedenen Stellen meines Körpers, mein Sichtfeld ist durch einen
schwarzen, schattigen Rand eingeschränkt. Es flimmert, alles ist so
unscharf. Mit höchster Vorsicht setze ich meine Füße im Wechsel
voreinander. Rechts, links. Rechts und links. Ich komme der
Badezimmertür langsam näher. Es kann sich nur um wenige
verbleibende Zentimeter handeln, bis ich die Türklinke mit meiner
Hand umschließen und die Pforte zum stillen Örtchen öffnen werde.
Der Rand um meine Sicht wird immer dicker, das Sichtfeld enger, das
stroboskopische Flimmern immer schneller. Es wird wilder. Ich sehe
die Dunkelheit auf mich zukommen und stehe abrupt an einem Ort, an
dem ich keinen Boden unter meinen in löchrige Socken gesteckten
Füßen spüren kann. Ich weiß weder, wer diese ganzen Menschen hier
sind, noch ob ich mein Ziel erreichen werde. Das Gefühl, in einem
völlig anderen Universum zu sein, lässt mich nicht los. Dann wird
es endgültig duster und schreiend versuche ich noch, den Gedanken,
dass Liquid Extasy eine verdammt geile Scheiße ist, zu greifen und
mit in das Traumland zu nehmen.
Ein
übler Geruch steigt in meine Nase. Seine beißende Wirkung
reaktiviert mein System, schwerlastig trennen sich meine Lider und
ich erblicke das Licht der Welt. Das Donnern der vorbeifahrenden Züge
und das Kreischen ihrer Bremsen schlagen wie ein Regenschauer auf
mein Trommelfell. Hinweistöne, Ansagen für Passagiere, alle rennen
kreuz und quer irgendwohin in irgendeine Richtung, sie reisen an
irgendeinen Ort. Jeder ist sorgfältig in Mütze, Schal und
Winterjacke eingepackt, die kalten, grauen, trostlosen Tage sind noch
nicht vorbei. Der Sommer steht noch nicht vor der Tür.
Ich
schaue an meinem Leib herab und sehe den Ursprung des penetranten
Geruchs. Der notorische, liebliche Duft von Kotze.
,,Guten
Morgen.ˮ
Ich
hebe meinen Kopf und reibe mir den Schlaf aus den Augen. Aus dem
menschlichen Kaos tritt plötzlich mein Kumpel Lemmy vor. Neben all
den Reisenden, die mit ihrem Ohr am Handy und mit dem Finger auf dem
Touchscreen kleben und ihren Verstand vollständig an ihren
Super-Duper Tablet PC abgegeben haben, ist er der Einzige, der
etwas wirklich Sinnvolles mit sich trägt. Er geht in die Hocke und
hält mir einen Becher vor die Nase.
,,Kaffee?ˮ
Ich
verfolge die freie Laufbahn des Dampfes, den die heiße Flüssigkeit
an die Luft abgibt, wie ein Junge, der von irgendetwas absolut
fasziniert ist.
,,Guten
Morgenˮ, sage ich und nehme ihm den Becher aus der Hand.
,,Du
siehst aus wie 'n Stück Scheiße, man.ˮ
Ich
nehme einen Schluck und genieße diesen, solange ich kann. Meine
Zunge schwimmt in der heißen Brühe, die Geschmacksnerven
signalisieren den Geschmack von frischem, schwarzem Kaffee und ich
muss lächeln. Ein Mann im feinen Nadelstreifenanzug und mit
schwarzer Aktentasche geht an mir vorbei, wirft mir einen abwertenden
Blick zu und einen Ein-Dollarschein vor die Füße. Dann schüttelt
er den Kopf, als könne er für meine Situation kein Verständnis
aufbringen und ich betrachte den Schein und seine Visage im Wechsel.
Ich werfe ihm den Becher gegen den Kopf, er hebt die Hände an sein
Gesicht und schreit auf. Fluchtartig verlässt er meine Nähe und ich
sehe seinen dampfenden Kopf in der Menge verschwinden. Ich widme mich
wieder Lemmy, der sich vor Lachen kaum halten kann.
,,Du
bist heute ja richtig gut gelauntˮ, sagt er.
,,Ich
nehme an, wir müssen uns einen neuen Kaffee besorgen. Alter, was
mache ich vollgekotzt am Bahnhof? Ich habe ja nichtmal Schuhe an.ˮ
,,Du
bist nicht nur vollgekotzt und schuhelos, mein Freundˮ, sagt er und
drückt mit seinem Zeigefinger in mein Gesicht.
Ich
spüre unter meinem rechten Auge einen Schmerz, der sich schnell in
meinem Kopf ausbreitet, und zucke zusammen.
,,Fuck.
Habe ich ein blaues Auge?ˮ
,,Ja.
Weißt du denn gar nichts, man? Die Nacht war völlig hardcore,
alter. Wir haben bei dir 'ne riesen Party veranstaltet, einige Leute
waren da. Drogen und Alkohol in Massen. Du warst auf einem höllischen
Trip, hast auf eine bewusstlose Frau eingeprügelt, die mir vorher
einen blasen wollte, man.ˮ
Ohne
ein Wort von mir zu geben, fange ich an, herzhaft zu lachen. Nach
einigen Sekunden steigt Lemmy mit ein.
,,Oh
man. Muss ja ne krasse Nacht gewesen sein.ˮ
,,Gehen
wir ins Diner 66, James wartet auf uns.ˮ
,,Klar,
da holen wir uns einen neuen Kaffeeˮ, sage ich und ziehe mich am
Geländer, an dem ich wohl die ganze Nacht lehnte, nach oben auf
meine Füße.
Jeder
Schritt hinterlässt einen wässrigen Fußabdruck auf dem Boden. Das
Wasser steht in meinen Strümpfen, ich fühle mich, als würde ich in
zwei Wassereimern durch die Gegend spazieren. Bei jedem Schritt
schallt ein schmatzendes Geräusch durch das ruhige Diner, wenn sich
das Wasser aus den Socken drückt. Ich friere, den vollgekotzten
Pullover habe ich ausgezogen und einem Streeter geschenkt. So
nennen wir hier die Obdachlosen. Lemmy und ich gehen an den ersten
drei Tischen, die auf der rechten Seite stehen, vorbei und setzen uns
an den Vierten, wo James sitzt, in einen Donut beißt und auf uns
wartet.
,,Was
geht ab, Nigger?ˮ, sagt Lemmy und nimmt neben James Platz.
Ich
setze mich ihm gegenüber. Nein. Er ist kein Nigger im übertragenen
Sinn. Lemmy verpasste ihm diesen Spitznamen, nachdem er sich bei
seinem Junggesellenabschied in einem heruntergekommenen Bordell von
einer Hure ins Gesicht scheißen ließ. Man war das 'ne Nacht.
,,Was
geht, Jungs? Wollt ihr Donuts? Ich geb' 'ne Runde aus.ˮ
,,Klar,
man. Und 'nen Kaffee auch gleich dazuˮ, sagt Lemmy und steckt sich
eine Zigarette zwischen die Lippen.
,,Hat
mal jemand Feuer?ˮ
,,Hierˮ,
antworte ich und halte ihm mein Feuerzeug ans Ende der Zigarette.
,,Was
willst du, Franky?ˮ, fragt james.
,,Pancakes
und 'nen Kaffee.ˮ
,,Alles
klar. Rosie! Drei Kaffee, vier Donuts und ein Mal die Pancakes,
bitteˮ, ruft er quer durch das Diner.
Rosie,
die Chefin des Hauses, sieht ihn an und nickt, während sie sich ihre
Hände an einem Geschirrtuch abtrocknet.
,,Klar
dochˮ, antwortet sie.
Ich
bin gerne im Diner 66. Hier gibt es guten Kaffee, die besten Pancakes
weit und breit und eine hübsche Bedienung noch dazu. Die Wände sind
mit Kunststoffplatten verblankt und mit diversen Blechschildern
beschmückt, die auch entlang den Highways und den gazugehörigen
Tankstellen zu sehen sind. Der Boden besteht aus alten, knarrenden
Holzdielen, die Tische haben zwei Metallrohre als Beine, die fest im
Boden verankert sind, die Platte ist aus Holz, mit einem Kunststoff
beschichtet. Die Bänke sind auf den Sitzflächen gepolstert und mit
einem weichen Stoff überzogen. Hier kann man es sich richtig
gemütlich machen.
,,Hey,
Jungs.ˮ
Das
hübsche Mädchen stellt ein Tablett auf unseren Tisch und verteilt
die Tassen an uns. Ihr Lächeln ist wunderschön, ihre kleinen Augen
so niedlich. Mal davon abgesehen, hat sie dicke Titten und 'nen
geilen Arsch. Endlich guter Kaffee.
,,Dankeˮ,
sage ich und gönne mir den ersten Schluck.
,,Um
was geht's hier eigentlich, man?ˮ
,,Uh,
Franky will mal wieder schnell zur Sache kommenˮ, sagt James und
legt ein Plastiktütchen mit weißem Pulver auf den Tisch.
,,Um
Koks? Brauchst du einen Vorrat? Kann dir 'ne Menge von dem Zeug
geben.ˮ
,,Und
er hat auch übles Liquid X am Startˮ, wirft Lemmy ein und
nimmt einen Zug an seiner Kippe.
,,Von
dem Zeug hab' ich selbst genug. Bei mir steht heute 'ne fette Party
an. Das Zeug hier wird es in Massen gebenˮ, sagt er und fuchtelt mit
dem Tütchen vor meinem Gesicht rum.
,,Und
wir sind herzlich eingeladen?ˮ, frage ich James und trinke einen
weiteren Schluck aus meiner Tasse.
Währenddessen
bringt uns Rosie die Donuts und meine Pancakes.
,,Lasst
es euch schmeckenˮ, sagt sie und verschwindet mit einem Lächeln.
,,So
in etwa, Franky. Ich weiß, dass ihr eine harte Nacht hinter euch
gelassen habt. Ich konnte leider nicht dabei sein, aber das wird der
Kracher. Also, seid ihr dabei?ˮ
Lemmy
schaut mich an und pustet mir den Qualm seiner Zigarette entgegen.
,,Jaˮ,
sagt er und beißt in seinen Donut.
Die
Beiden schauen direkt in meine Augen, ich kann in ihren Blicken
sehen, dass sie voller Erwartungen sind, und gespannt auf eine
Antwort meinerseits warten. Ihre Unterkiefer bewegen sich runter und
rauf, das Gebiss zermalmt den Teig der Donuts. Ich trinke noch einen
großen Schluck von meinem Kaffee, ganz langsam, ich lasse sie noch
ein Weilchen zappeln.
,,Erstmal
brauch' ich 'n paar Schuhe. Und 'ne Jacke wäre angebrachtˮ, sage
ich und nehme noch einen Schluck.
,,Und
wenn du das alles hast?ˮ, fragt James.
,,Na
dann machen wir Partyˮ, antworte ich und sehe die Erleichterung in
seinen Augen.
Ich
schnappe mir Messer und Gabel und beginne, die leckersten Pancakes
der Welt zu essen.
James
öffnet die Tür und die Vibrationen der Bässe, die man bereits im
Treppenhaus hören konnte, durchströmen meinen Körper. Lemmy
schiebt sich an mir vorbei, streckt die Arme in die Luft und schreit
irgendeine Art Begrüßung, die keine Sau versteht. Ich zumindest
verstehe nur Gebrüll. Ein paar Gäste heben ihre Becher, einige
ignorieren ihn. Die Musik ist viel zu laut, man versteht sein eigenes
Wort nicht. Die Erschöpfung hat sich noch nicht verabschiedet, mir
ist kotzübel und eigentlich will ich in mein Bett. Pläne ändern
sich nunmal.
Ich
folge James in einen großen Raum, der wie ein Wohnzimmer
eingerichtet ist.
,,Also,
Franky. Ich schlage vor, wir zieh'n erstmal 'ne Line feinstes Koksˮ,
schreit er.
Unterhaltungen
sind nur schreiend und mit höchster Konzentration möglich. Ich habe
keine Lust, zu schreien und nicke. Daraufhin zeigt James mir sein
schönstes Lächeln, schiebt aus dem verstreuten Kokain, das auf dem
Tisch liegt, vor dem wir stehen, großzügig zwei Lines zurecht und
reicht mir ein abgeschnittenes Stück Strohhalm. Ich setze an und
ziehe den Schnee durch den Strohhalm in meine Nase und er sitzt. Der
gewaltige Schub überwältigt mich. Die Nacht kann beginnen und ich
weiß, sie wird asozial und brutal. Schreie wird es geben, Menschen
werden leiden, Knochen werden brechen, Blut wird fließen und
Spermien werden spritzen. Das ist krank. Doch es ist so.
ZWEI
Einige
Stunden später...
Nach
jedem Schritt ist eine ein- bis zweisekündige Pause nötig, um das
Gleichgewicht zu halten. Die Umgebung ist verdreht, baut sich zur
Spirale der Verdammnis und somit zum Weg ins Verderben auf. Die
Wolken haben sich zusammengetan, um uns auf die Köpfe zu pissen und
vollkommen durchnässt, umschlossen von eisiger Kälte, im matschigen
Erdboden zurückzulassen. Bevor ich zum nächsten Schritt ansetzen
kann, erfasst mich ein starker Windstoß von der Seite, reißt mich
um und ich lande mit der Fresse im Dreck. Gleichgewichtsstörungen,
ich hasse sie. Nach wenigen Sekunden, die ich brauche, um zu
registrieren, was gesehen ist, drücke ich mich mit meinen Armen hoch
und stehe auf. Auf meinem Brustkorb lastet ein schwerer Druck, das
Atmen fällt mir nicht leicht. Noch drei Schritte, höchstens vier.
Dann bin ich nah genug am Geschehen, um zu sehen, was hier verdammt
nochmal am Laufen ist. Ich starre gerade aus, versuche irgendetwas in
der Dunkelheit zu fixieren. Da ist nichts, doch ich habe das Gefühl,
es funktioniert. Vorsichtig hebe ich den rechten Fuß an und setze
ihn schwankend vor dem Linken ab. In den Oberschenkeln brennt es, der
Rücken schmerzt und dicke Wassertropfen versperren die Sicht ins
Nichts. Ja es sind fast schon Bomben des Himmels, die die von allen
so geliebte, höhere Macht auf unsere Schädel einschlagen lässt.
Dass dieser Pisser dort oben ein dreckiger, schonungsloser Hurensohn
ist, wissen wir jedoch alle bereits. Jetzt der nächste Schritt.
Konzentration. Innere Ruhe. Ich habe Zeit, ganz langsam. Die
folgenden zwei Schritte sind erfolgreich, doch urplötzlich sitzt mir
diese fiese Übelkeit im Magen. Ich versuche, tief durchzuatmen, die
Gemüter aller Beteiligten etwas zu beruhigen. Die Galle breitet sich
schleichend im Mundraum aus. Kurze Zeit später entlässt sie sich
und den Mageninhalt aus meinem Körper und der Schwall des Erbrechens
spritzt auf einen nackten Rücken, den ich an der Tätowierung
erkennen kann, bevor sie von meiner Kotze überdeckt wird.
Ich blicke auf und schaue in das
verheulte Gesicht eines Unbekannten in einem Erdloch, der eine
Schaufel in einen Erdhaufen schmeißt. Er blutet stark, seine Augen
sind so dick angeschwollen, dass er beinahe nichts mehr sehen kann
und vor ihm, am Rande des Lochs, steht James, der gerade ausholt, um
ihm einen Tritt in die Fresse zu verpassen. Vermutlich. Sein Bein
schwingt am anderen vorbei und Blut spritzt in die braune Brühe aus
Wasser und Erde, bevor der Unbekannte gänzlich im Loch verschwindet.
,,Weiter, Bastardˮ,
schreit James.
Dann
schaue ich rüber und betrachte noch einmal genauer den Rücken. Der
Regen hat die hellbraune, zähe Masse mittlerweile abgespült und
alles hängt auf seinen Waden. Der widerliche, beißende Gestank
bleibt aus. Lemmy scheint das nicht zu interessieren. Er hat andere
Sorgen, die mit seinem Schwanz verbunden sind, der im Arschloch eines
weiteren unbekannten, jungen Mannes steckt. Langsam zieht er ihn
heraus, bis sich die Eichel zeigt. Mit aller Wucht stößt er seine
Hüfte dann nach vorn, um die Eichel wieder zu versenken. Bei jedem
Stoß schreit der junge Mann laut auf, aus seinem steifen Penis
tropft der Lustsaft in den Matsch, wenn Lemmys Hoden seine nach vorn
drücken. Lemmy ist keine richtige Schwuchtel. Mit wenigen Ausnahmen
von ein paar Nutten, fickt er nur am Wochenende Männer.
,,Fuck.
Was ist hier los, verdammt?ˮ
Ich
erwarte eine Antwort, doch ich kriege auch nach mehreren Augenblicken
keine. Lemmy fickt, James foltert, ich stehe da, zittere am ganzen
Körper und weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Die Sicht
wird klarer, die Umgebung festigt sich wieder und erdrückende
Kopfschmerzen treten ein. Die Wirkung lässt nach. Ich habe keine
Ahnung, was ich mir reingepfiffen habe, doch die Wirkung lässt nach.
Ich schaue an mir herab, suche den Boden ab. Kurz darauf habe ich
einen handgroßen, schweren Stein in meinem Besitz und kann
versuchen, nochmals um eine Antwort zu bitten. Mein Blick richtet
sich auf den Unbekannten, in dessen Arschloch Lemmys Keule steckt,
und ich laufe los. Meine Schritte sind stabiler, die Beine wieder
stärker. Das Gefühl, jeden Moment zusammenzubrechen, schwindet
langsam aus meinem Körper und ich sehe zu, wie die rote Soße, die
auf den Boden spritzte, als ich ihm den Stein über den Schädel zog,
in der wässrigen Erde versickert. Er gibt ein leises Quieken von
sich, das der Lärm des Regens beinahe übertönt, und kippt nach
vorn. Lemmy starrt mich an, in seinem Blick steht das reine
Entsetzen. Noch immer rammt er ihm seinen Schwanz in den Arsch, er
scheint nicht aufhören zu wollen. Er fickt eine verdammte Leiche.
Ein
wunderschöner, gezackter Blitz durchzieht den Himmel und ein lautes
Krachen folgt. Der Regen schlägt in Strömen nieder, als gäbe es
kein Morgen mehr. Ich blicke rüber zu James, er steht vor dem
Erdloch und starrt mich an. Leckt mich doch am Arsch, wo bleibt die
Antwort auf meine Frage?
,,Kann
sich einer von euch vielleicht dazu motivieren, mir zu antworten?ˮ
Die
Frage zaubert James ein Grinsen ins Gesicht und gibt Lemmy den
entscheidenden Anstoß aufzuhören, den Toten in den Arsch zu ficken.
,,Fraaankyyyy.
Was würdest du tun, wenn du ich wärst?ˮ
,,Mich
erschießenˮ, antworte ich und freue mich darüber, dass immerhin
irgendetwas gesagt wurde.
Auf
meine Antwort reagiert James mit einem skeptischen Blick. Der Typ im
Erdloch schaut um sich und legt einen Arm hinaus, scheinbar um sich
abzustützen. Ich zeige mit dem Finger auf ihn, in der Hoffnung,
James würde es bemerken, doch er verschränkt die Arme, schiebt
seine Unterlippe nach vorn, atmet tief ein und kneift die Augen ein
wenig zu.
,,Blödmannˮ,
sagt er und hat scheinbar keinen Schimmer, warum ich mit meinem
Finger an ihm vorbeizeige.
,,Vielleicht
solltest du dich mal untenrum umsehen, mein Freund.ˮ
James
richtet seinen Blick nach unten, erst in die falsche Richtung, dann
in die Richtige. Sein Opfer hat seinen Oberkörper bereits aus dem
Loch gehievt.
,,Wow.
Sieh' an, sieh' anˮ, sagt James, geht vor ihm in die Hocke, packt
seine Ohren und verpasst ihm zwei Kniestöße auf die sowieso schon
demolierten Augen, sodass er gleich einem Kartoffelsack zurück ins
Loch rutscht.
Er
dreht sich um, zeigt mit dem Daumen in das Loch und nickt lächelnd
mit dem Kopf. Je länger ich ihn betrachte, desto mehr muss ich an
einen dieser Köter denken, die seit Jahren auf Kofferraumabdeckungen
dazu verdammt sind, bei der kleinsten Unebenheit in den Straßen mit
dem Kopf zu wippen.
,,Na
der traut
sich aber wasˮ, sagt James und zwinkert mir zu, bevor er sich wieder
von mir abwendet, die Schaufel, die in dem Erdhaufen neben dem Loch
steckt, in die Hände nimmt und Schippe für Schippe sein Opfer mit
nasser, lastiger Erde überstreut.
Dann
spüre ich einen leichten Druck auf meiner rechten Schulter und ich
schaue nach. Es ist Lemmy, der seine Hand auf meine Schulter gelegt
hat, um meine Aufmerksamkeit zu erhalten. Das tut er immer. Seine
Augen sind gerötet, blau-violette Schatten untermalen seine
Augenhöhlen und verleihen seinem Zustand einen eindeutigen Ausdruck,
der durch den stinkenden Atem aus seinem Maul Unterstützung findet.
Er kommt näher und schreit seine Worte in mein Ohr, als stünden wir
neben einer laufenden Flugzeugturbine.
,,Willst
du wissen, was passiert ist, man?ˮ
Ich
bin mir nicht sicher, ob er in seinem Zustand die Erinnerungen der
richtigen Nacht zusammenhalten kann, doch mein Interesse ist groß
genug, um selbst einem zugedröhnten Leichenficker mein Ohr zu
schenken. Ich nicke und höre James leise ein fröhliches Liedchen
singen, während er sein schreiendes Opfer begräbt. Einige Sekunden
verbringe ich damit, zu warten, dass Lemmy beginnt, zu erzählen und
kann dabei zusehen, wie sich seine Augen langsam schließen und sein
Kopf Zentimeter für Zentimeter auf meine Schulter sinkt.
,,Lemmy?ˮ
Er
öffnet die Augen und hebt den Kopf wieder an.
,,Ja?ˮ
,,Magst
du mir jetzt erzählen, was passiert ist?ˮ
,,Ja...
natürlichˮ, antwortet er und hustet mir ins Gesicht.
,,Hör
zu.ˮ
Ich
laufe durch das Wohnzimmer, schubse die feiernden Wichser aus dem Weg
und muss das Nasenbein eines jungen Mannes brechen, der nach meinem
beschissenen Problem fragt.
Er fällt um, sein Kopf schlägt auf und das Blut spritzt über den
Teppichboden, als ich ihm ins Gesicht trete. Alle starren mich an.
Das kommt mir bekannt vor. Ich setze meinen Weg zum Wohnzimmertisch
fort, um mir nach der vierten Line Koks und 'ner Menge Mescalin noch
einmal feinstes Kokain zu verpassen. Mein Magen arbeitet schwer, seit
Stunden unterdrücke ich den Reiz und auch das Bedürfnis, einem
weiblichen Gast auf die Titten zu kotzen. Heute will auch ich mich
mal benehmen. Es ist keine leichte Aufgabe, das Gleichgewicht zu
halten, denn der Boden unter meinen Füßen ist sehr wellenreich. Ab
und zu schwimmt mir ein kleines Fischerboot über die Schuhe, auf dem
ein Fischer nach meinen Schuhsohlen zu fischen versucht. Er hat einen
langen Bart und eine Pfeife zwischen den Lippen. Ich mag ihn, seine
Anwesenheit lässt mir ein Lächeln entweichen. Mescalin ist so geil.
Ich
sehe mich um, habe viele gut gelaunte Menschen um mich und einen Mann
auf dem Boden, der sich das Gesicht hält. Bewunderswert, sich hier
auf hoher See die Hände ins Gesicht zu halten, wo es doch so sehr
blutet. Es dauert eine Weile, bis ich bemerke, dass jemand mit mir
spricht. Leise und Wort für Wort marschiert die Frage in meine
Gehörgänge.
,,Kommst
wohl zu spät, was?ˮ
Da
stehe ich nun. Allein mit meinen Sorgen und den letzten Krümeln Koks
auf dem Tisch. Lemmys Visage sehen zu müssen, wirkt nicht sehr
tröstend, meine Augen werden immer wässriger und da ist sie. Die
erste Träne seit sieben Jahren, die Erste, seitdem mir meine
dreckige Ex meinen
verdammten Schwanz zerkaute. Die Musik ist laut, die Übelkeit
erdrückend und plötzlich höre ich diese schreckliche Stimme.
,,Hey
Frank, mein Süßerˮ, lässt sie verlauten.
Ich
drehe mich um und falle dabei fast auf's Maul. Ein breites Lächeln,
wunderschön weiße Zähne, tolle Augen und doch nur eine Nutte.
,,Wir
wär's, Bock zu ficken?ˮ
Nicht
eine einzige Sekunde vergeht, nachdem ich ihre prallen Brüste
erblicken konnte, und ich kotze ihr auf das gepflegte Dekoleté.
,,Wieso
steckst du dir nicht 'ne Drahtbürste in den Arschˮ, frage ich und
lächle sie an.
Sie
dreht sich um und rennt aus dem Zimmer, ich wende mich Lemmy zu, der
sich vor Lachen kaum auf den Beinen halten kann.
,,Verdammt,
Lemmy. Wo kriege ich jetzt Kokain her?ˮ
,,Scheiß
auf Koka, man. Ich habe den ultimativen Kick, Alter.ˮ
,,Du
hast ständig irgendwas ultimatives und es taugt meistens nicht mal
zum fickenˮ, sage ich und schnipse ihm gegen die Stirn.
,,Ich
schwör's, man. Die Scheiße wird dich vom Hocker schießen. Es ist
das ultimative Erlebnis, der krasseste Adrenalin-Kick deines Lebens.ˮ
,,Werde
ich sterben?ˮ
,,Spasst,
natürlich wirst du sterben. Aber nicht heute Nachtˮ, sagt Lemmy und
schnipst gegen meine Stirn, was mich etwas aus dem Gleichgewicht
bringt.
,,Fuck,
was soll's. Gib her den Shit.ˮ
,,Wusste
ich's doch. Komm mit.ˮ
Wir
arbeiten uns durch die Menge und verlassen den Raum. Was immer er
jetzt präsentiert, ich werde ihn persönlich in die Hölle
befördern, wenn es nicht annähernd ultimativ ist.
Der
Gestank von Scheiße steigt in meine Nase und langsam öffne ich die
Augen. Über mir schwingt eine Leuchtstoffröhre, die Fassung ist aus
der Decke gerissen und hängt nur noch an der stromliefernten
Leitung. Ich spüre dieses Pochen im Stirnbereich, es ist stark, es
ist fies. Mein Körper ist verkrampft, alles drückt, zieht und
sticht und das Atmen fällt schwer. Der Hals ist trocken, die
Atemwege verengt, ich habe das Gefühl, meine Augäpfel schieben sich
aus den Höhlen. Vorsichtig drehe ich meinen Kopf nach rechts und
blicke in die Augen einer jungen Frau. Ihr Unterkiefer gleicht einem
Trümmerhaufen, das Gebiss liegt in einer Lache aus Blut und Kotze,
die Zähne einzeln rundherum. Nicht ein einziger Funken Leben steckt.
in ihrem starren Blick. Sie ist fertig. Auf ihrem Schädel türmt
sich ein Haufen Scheiße, der mit Spermien verziert wurde. Fuck, was
zur Hölle ist hier passiert?
Langsam
richte ich mich auf und komme auf die Beine, nachdem sich mein
Kreislauf gefangen hat. Regale, bestückt mit Süßigkeiten, Chips,
Zeitschriften, Haushaltsartikeln und Getränken, bilden mehrere
Reihen. Am Ende meiner Reihe ist eine kleine Verkaufstheke zu sehen,
auf der ein weiterer lebloser Körper liegt. Zersplitterte
Knochenstücke stehen von seinem Schädel ab, das Spirituosenregal
hinter der Verkaufstheke ist blutbespritzt und noch immer tropft das
Blut, das aus seinen Ohren läuft, von der Theke auf den Boden. Ich
wende meinen Blick ab und wage den ersten Schritt. Die Knie sind
weich, das Gleichgewicht gestört und mein Blickfeld eingeschränkt.
Schritt für Schritt gehe ich zur Tür, die mich nach draußen führen
wird. Raus in den strömenden Regen.
Ich
taumle an den Zapfsäulen vorbei und setze meinen Weg durch den
Schlamm fort. Die Dunkelheit und die Regentropfen versperren die
Sicht und plötzlich reißt mich ein Windstoß zu Boden. Wie ein Hund
knie ich auf allen Vieren und schnappe nach Luft. Ein Blick nach vorn
lässt zwei Gestalten erkennen. Ich stehe auf und laufe weiter. Nach
wenigen Schritten bin ich nahe genug, um zu erkennen, was hier vor
sich geht. Ein Mann schaufelt sein eigenes Grab, ein Anderer lässt
die Qualen des Analverkehrs über sich ergehen. Scheiße. Was ist das
hier? Alles tut weh, mir ist schlecht. Das erste Mal in meinem
Leben... will ich einfach nur nach Hause.
,,Undˮ,
fragt Lemmy und klopft auf meine Schulter.
,,Du
kannst mir jetzt nicht erzählen, dass das
kein ultimativer Trip war.ˮ
Einige
Sekunden vegehen. James singt, Lemmy schweigt.
,,Neinˮ,
sage ich und betrachte den Ort des Geschehens.
Ich
brauche einen Moment für mich, einen kurzen Moment, um zu
verinnerlichen, was in dieser Nacht geschehen ist. Denn das alles
hier... ist 'ne verdammt kranke Scheiße.