Montag, 11. April 2011

Das Ende

Während der Gläubige seinen Tod, seine Verwesung seinem Gott verdankt, bleibt dem Ungläubigen nur die Philosophie über das Ende des Lebens, das sich bei dem einen früh, bei dem anderen sehr spät durchsetzt. Der gläubige, irreversible Teil der Menschheit hat kein Interesse daran, durch eigene Gedanken, durch eigene Worte, zu lernen. Zu lernen, mit sich selbst umzugehen und auf eigenen Beinen zu stehen, das konstruktive Leben erkennen. Obligatorisch schleifen ihre Seelen über den sündigen Boden ihrer Religion und verbleiben ihr Leben lang, selbstverständlich auf Anweisung des Herrn, im definitiven Faschismus des Glaubens. Unmengen an heißen Patronenkugeln schießen aus den Läufen diverser Schusswaffen in den Kopf des nächstbesten Andersgläubigen und wirbeln dabei den Sand der unendlichen Wüste auf. Ungeborene Mädchen werden getötet, auf Grund ihres nicht vorhandenen Wertes im Land ihrer Mütter. Der notorische Geruch des Benzingases, das über einen Islamistenkörper fließt und sich aus Verzweiflung nahezu selbst in Brand steckt. Die abgerissenen Gliedmaßen fliegen durch die staubige Luft, der Selbstmordattentäter reißt viele unschuldige Menschen mit sich in das, von ihrem Gott gewollte, Ende des Lebens. All diese Dinge geschehen unter Aufsicht und Genehmigung des Allmächtigen und die Menschheit resozialisiert sich kontinuierlich auf diesem Fundament.
Was dem profanen Teil der Menschheit bleibt, gleicht allerdings einem vollkommen anderem Universum! Dem Atheisten bleibt nur die Philosophie über viele Dinge, die in einem Leben geschehen. Die Philosophie, in der immer und überall viele verschiedene Interpretationen stecken. Es ist einzig und allein der Versuch, zu verstehen. Ein Atheist wird mit seinem Zorn und seiner Ahnungslosigkeit in einer konfusen Diskrepanz zurückgelassen. Er hält nicht viel davon, einem Buch zu folgen, das vor mehr als tausend Jahren von einem Menschen geschrieben wurde, dessen Sprache heute niemand mehr spricht. Es ist ein Buch, dessen Autor es nicht möglich ist, Beweise zu liefern. Es gibt keinen einzigen Menschen mehr auf dieser Welt, der jemals Kontakt zu ihm hatte. Wer also bleibt übrig, um uns zu beweisen, dass das Geschriebene in dem dicken Buch, der Wahrheit entspricht? Die Antwort ist Diskretion auf die Frage und, dass es nun mal die Wahrheit sei!

Der Pfarrer predigt den Schwachen die Lehren des heiligen Zorns. Eine Predigt der Boshaftigkeit für die desorientierte Audienz. Das Düstere wird hinter dem Vorhang der religiösen Perversionen versteckt, geknebelt und gefesselt, wie eine wertlose Fotze aus einem Bondage Streifen. Die Predigten, Lügen. Die Basis der Audienz, Schwäche und Naivität.

Das Flimmern des Fernsehers, das dem dunklen Zimmer einen bläulichen Schein verleiht, lässt meine Augenlider schwer werden. Ich werde langsam müde. Meine Nacht, mein Tag, es ist eine konvergierende Stagnation. Ich lebe bescheiden, mein Kühlschrank gleicht nicht dem eines reichen Mannes. Dieses verdammte Jahrhundert, ich bin arbeitslos und schaue meiner Verwesung geradewegs in ihre hässliche Fresse, hässlich, wie der Tag und die Nacht, konvergierend.
Der Welt scheint die Sonne schon lange nicht mehr aus dem Arsch. Ich bin froh, diese Art von Zufluchtsort zu besitzen. Dort bin ich alleine, alleine mit mir selbst. Keine Probleme, keine Feinde, keine Sorgen. Für diesen Augenblick ist der sonnige Arsch wieder am Scheinen! Ich schaue nach links, dann rechts, die weiße Tapete ist befleckt mit Nikotinrückständen, nur so fühle ich mich geborgen. Ist es das Ende, mein Sieg oder ist es vielleicht doch nur die Resignation meiner Persönlichkeit? Meine Umgebung beginnt, sich zu bewegen, alles wird schneller, die TV-Darsteller bewegen sich zügig und sprechen unverständlich. Ich komme nicht mehr mit. Verstehe nichts. Alles zu schnell. Wer kümmert sich jetzt um mich und wer füttert meine Fische? Sie können doch nichts dafür, sie schwimmen doch einfach nur friedlich in ihrem Wasser hin und her. Bitte lasst sie nicht an meinem Schicksal teilhaben.

Das ist das Ende. Der gläubige Christ dankt Gott für sein Schicksal. Er ist fest davon überzeugt, die leidvolle Prüfung seines allmächtigen Vaters stehe ihm bevor.
Der Ungläubige verharrt in Fatalismus, Verzweiflung oder einem philosophischen Chaos. Ob vorgesehene Prüfung oder unabänderliches Schicksal, das ist das Ende.

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